Tokenisierung als Top-Trend 2024?
12. Januar 2024
«Wirtschaft regional» hat beim Experten Thomas Nägele nachgefragt, was es mit dem anhaltenden Trend auf sich hat.
Interview: Moris Frommelt
Von Beteiligungen an Start-Ups über Kunstwerke bis hin zu ganzen Wäldern: Immer mehr Vermögenswerte werden in Form von sogenannten Tokens erworben und gehandelt. Bei der «Tokenisierung» handelt es sich um die digitalisierte Repräsentation von Rechten in Form von Token. Die Darstellung dieser Repräsentation wird durch Programme ermöglicht.
Die Tokenisierung ist in fast allen Bereichen anwendbar
Digitale Abbildungen von regulierten Finanzinstrumenten wie Aktien, Anleihen oder Fonds aber auch Sachgegenständen wie Uhren oder Kunstwerken werden in der Regel auf der Blockchain umgesetzt. Vorausgesetzt, dass die rechtlichen Rahmenbedingungen gegeben sind, kann auf diese Weise grund sätzlich jeder Vermögenswert tokenisiert werden.
Im Fintech-Sektor werden zudem laufend neue Start-Ups gegründet, die entsprechende Dienstleistungen anbieten. Die Tokenisierung verbindet die schnelle, digitale Art des Investieren und Handelns, wie man es von Kryptowährungen wie Bitcoin kennt, mit realen, klassischen Vermögenswerten. So können beispielsweise auch Investoren und Anleger von den Vorteilen der Blockchaintechnologie proftieren, die Bitcoin & Co. gegenüber weiterhin skeptisch sind. Um genauer zu erfahren, ob und wie gut der Finanzplatz Liechtenstein vom aktuellen Trend proftieren kann, hat «Wirtschaft regional» bei Thomas Nägele nachgefragt. Als Managing Partner bei der Nägele Rechtsanwälte GmbH und Vorstandsvorsitzender der International Association for Trusted Blockchain Applications (INATBA) ist er Experte für Tokenisierung, Blockchain, Crypto und Co. Die wichtigsten Fragen zum Thema hat uns Thomas Nägele im Interview beantwortet.
Herr Nägele, welche Möglichkeiten eröffnen sich für den Standort Liechtenstein durch die Tokenisierung?
Thomas Nägele: Liechtenstein hat 2020 das weltweit erste Blockchaingesetz geschaffen und insbesondere durch die zivilrechtlichen Vorschriften zu Token, der Repräsentation von Rechten in Token und der Übertragung von Token ein Gesetz vorgelegt, das auf der ganzen Welt immer noch seinesgleichen sucht. Das Gesetz bildet die Grundlage für die Nutzung der Blockchain in der gesamten Finanz- und Realwirtschaft. Dass die Tokenisierung, also die Repräsentation von Rechten in Token in Liechtenstein, rechtssicher möglich ist, übt eine grosse Anziehungskraft auf Start-Ups, KMU und Big Player aus allen Teilen der Welt aus.
Wie attraktiv ist der Standort Liechtenstein für Unternehmen im Bereich Tokenisierung? Was könnte Liechtenstein noch attraktiver machen?
Mit dem Blockchaingesetz bietet Liechtenstein eine der attraktivsten Regulierungen an. Wenn ein Token mit Rechten verknüpft ist, genügt es nicht, nur den Token zu übertragen: Mit dem Token müssen auch die damit verbundenen Rechte übertragen werden. Dafür braucht es den entsprechenden rechtlichen Rahmen, der genau diese Rechtsfolge vorsieht. Die Blockchain ist nur das technische Mittel für die Übertragung. Im Jahr 2023 hat die EU mit der Verordnung über Märkte für Kryptowerte nachgezogen. Für die Tokenisierung bleiben die Vorschriften des Blockchaingesetzes aber nach wie vor relevant, da diese EU-Verordnung die zivilrechtlichen Fragen der Tokenisierung nicht regelt. Die Attraktivität von Liechtenstein ist insoweit unverändert hoch – insbesondere auch für Dienstleister aus der Schweiz.
Was könnte Liechtenstein in Sachen Tokenisierung besser machen?
Liechtenstein hat alles getan, was nötig ist: Insbesondere hat Liechtenstein frühzeitig bereits die Revision des Blockchaingesetzes auf den Weg gebracht, damit bestehende Dienstleister optimal von der kommenden EU-Verordnung profitieren können. Tatsächlich hat Liechtenstein das grosse Potenzial der mit der Blockchaintechnologie verbundenen Möglichkeiten früh erkannt – und schneller als alle anderen gehandelt.
Welche Vorteile bringt die Tokenisierung für Investoren?
Es gibt Dienstleister in Liechtenstein, die Uhren, Diamanten, Kunstwerke, Oldtimer und auch Musikinstrumente tokenisieren. Durch diese neuen Investitionsmöglichkeiten bieten sich völlig neue Chancen. Zum einen für «Kleininvestoren», die sich so einen Bruchteil an etwas Grösserem leisten können. Die Tokenisierung von realen Vermögenswerten wird aber auch in den Portfolios vermögender Kunden immer wichtiger.
Birgt die Tokenisierung von Vermögenswerten auch Risiken?
Wenn man sich nicht auf verlässliche Dienstleister stützt, bedingt der Umgang mit Token technisches Know-how, das heute noch nicht überall vorhanden ist. Je nach tokenisiertem Recht können auch rechtliche Risiken hinzukommen. Beide Bereiche versuchen das TVTG zu adressieren.
Welche lokalen und globalen Trends bzw. Entwicklungen im Bereich Tokenisierung wünschen Sie sich bzw. erwarten Sie 2024?
Ich gehe davon aus, dass wir 2024 vermehrt internationales Interesse an der Tokenisierung und den damit einhergehenden rechtlichen Fragestellungen sehen werden.
Quelle: Liechtensteiner Vaterland